Räderwerk von hallo in sülz

Es gibt Schlüssel zum Erfolg. Den 15er Ringschlüssel braucht man sowieso, den 11er Maulschlüssel selbstverständlich auch, und dann: „Reden, reden, reden – das ist die Hauptsache“. Volker Meimberg ist zufrieden mit dem, was seine kleine Gruppe geleistet hat. Die Rad-AG der Flüchtlings-Initiative hallo in sülz hat das erste halbe Dutzend Fahrräder wieder flott gemacht.

Meimberg, 34 Jahre alt, lebt seit fünf Jahren in Sülz. Er ist Maschinenbauingenieur. „Da lernt man nicht unbedingt Fahrräder reparieren, aber es passt schon.“ Als hallo in sülz einige ausgediente Fahrräder geschenkt bekam, gründete der Hobbyradler Meimberg eine Arbeitsgruppe mit einigen jungen Männer aus Syrien, Irak, Afghanistan und Afrika. Die können die flottgemachten Räder nun auch selbst nutzen.

„Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muss sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.“
~ Albert Einstein

Atif (Name geändert) ist mit 18 Jahren der Älteste in einer Gruppe geflohener Jugendlicher, die in einer sehr bescheidenen Behausung im Stadtbezirk Lindenthal untergebracht ist. Er ist über die Türkei – das Mittelmeer – Griechenland vor etwa einem Jahr in Deutschland angekommen. „In Afghanistan, wo ich her komme, fahren viele Leute mit dem Fahrrad,“ sagt er in schon recht gutem Deutsch. „Da gibt es zwar auch Werkstätten, aber nur wenige. Eigentlich muss jeder da selbst sein Rad reparieren.“ Hobbyradler Volker Meimberg, der privat gleich drei Modelle im Keller stehen hat (Stadtrad, Mountainbike, Rennrad) über Atif: „Räder reparieren, das kann er wirklich sehr gut.“

Alle Jugendlichen gehen derzeit in Köln zur Schule. Atif strebt eine Ausbildung zum Lager-Logistiker an. Das Fahrrad ist ihm wichtig. „Ich muss aufpassen, dass es nicht wegkommt, hier werden ja viele Räder geklaut.“ – „Deswegen haben wir auch ein dickes Schloss dran gemacht“, ergänzt Volker Meimberg.

Der Zustand der geschenkten Fahrräder war „von Macht-keinen-Sinn-die-zu-reparieren bis hin zu Man-muss-gar-nicht-viel-dran-machen,“ so Meimberg, aber zum Schluss haben sie genug zusammengeschraubt. „Die Jungs waren alle motiviert. Einige konnten was, andere weniger, aber danach konnten alle mehr als vorher.“

„Zeigen Sie mir ein Problem dieser Welt und ich gebe Ihnen das Fahrrad als Teil der Lösung.“
~ Mike Sinyard, amerikanischer Fahrrad-Konstrukteur

Bei der ersten gemeinsamen Fahrradtour ging es anfangs noch durch den Grüngürtel, Volker Meimberg war zunächst skeptisch. „Aber die sind munter drauflos gefahren, andererseits kannten die auch die Verkehrsregeln, haben bei Rot brav angehalten.“ Und sind stehen geblieben, obwohl nicht wenige andere Radler an ihnen vorbei gezischt sind. Dank Meimberg wissen sie jetzt auch, was ein toter Winkel bei einem Lkw ist und wie man sich als Radfahrer bei abbiegenden Lkw verhält.

Die gemeinsamen Radtouren führen für ein paar Stunden raus aus der Stadt, an den Rhein. Da wird viel miteinander gesprochen. Atif zum Beispiel hat im Moment keinen Kontakt mehr zu seiner Familie. Eine schwierige Situation. Gleichzeitig muss er sich darauf einstellen, was hierzulande von ihm erwartet wird. Volker Meimberg: „Eigentlich geht es ja weniger ums Fahrradreparieren als darum, dass wir miteinander ins Gespräch kommen. Die wollen wissen, worauf es in Deutschland ankommt. Zum Beispiel, wo man welche Ausbildung machen kann. Die wollen möglichst schnell auf eigenen Füßen stehen.“